Kabinettsklausur: Regierung will Tempo bei Wohnungsbau und Energiewende machen

Kabinettsklausur Regierung will Tempo bei Wohnungsbau und Energiewende machen

Bei ihrer ersten Klausur befasst sich die neue Regierung mit dem G7-Vorsitz und der Beschleunigung von Zukunftsprojekten. Scholz will, „dass dieses Land Fahrt aufnimmt“.

Die Bundesregierung will Tempo beim Wohnungsbau, der Energiewende sowie beim Ausbau der Verkehrswege und der digitalen Infrastruktur machen. Die Regierung wolle „es hinkriegen, dass dieses Land Fahrt aufnimmt“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Freitag in Berlin.

Das Kabinett traf sich zu einer ersten Klausurtagung nach gut sechs Wochen im Amt. Scholz verwies auf schleppende Planungs- und Genehmigungsverfahren, bei denen man deutlich schneller werden müsse als bisher. „Wir müssen da Tempo hineinbekommen.“

Finanzminister Christian Lindner (FDP) sagte nach der Kabinettsklausur, im Laufe des ersten Halbjahres wolle man „vorzeigbare Ergebnisse“ haben: „Unser Land ist gefesselt, wir haben uns selbst gefesselt.“ Es gebe zu viel Bürokratie.

Seit Beginn dieses Jahres liegt der G7-Vorsitz bei Deutschland. Zu den wichtigsten Themen gehören Klimaneutralität und Entwicklungszusammenarbeit. Wie viel wird das Gremium auf die Beine stellen können?

Vizekanzler und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) sagte mit Blick auf die Energiewende mit neuen Windenergieanlagen oder dem Aufbau einer Wasserstoff-Infrastruktur, in den derzeitigen Planungszeiträumen sei dies nicht zu schaffen. Es müssten „ein paar alte Zöpfe“ abgeschnitten werden.
Die Beschleunigung von Planungsprozessen bei zentralen Zukunftsprojekten war ein Hauptthema der ganztägigen Klausurtagung im Kanzleramt. „Wir glauben, dass das einen Aufbruch für unser Land ermöglicht, und wir glauben auch, dass der notwendig ist“, sagte Scholz. Für die Verzögerung wichtiger Zukunftsprojekte durch zu viel Bürokratie gibt es zahlreiche Beispiele. Der Bau einer neuen Bahnstrecke in Deutschland dauert im Schnitt 20 Jahre.

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Bauindustrie fordert grundlegende Reformen

Windenergieanlagen brauchen nach Branchenangaben vier bis fünf Jahre bis zur Genehmigung. Die Anforderungen sind komplex. Es geht um Naturschutz und Anwohnerinteressen. Unterlagen werden in den betroffenen Gemeinden erst einmal öffentlich ausgelegt. Oft gibt es Klagen.

Die Bauindustrie forderte die Bundesregierung vor der Kabinettsklausur zu grundlegenden Reformen auf. „Es dauert einfach zu lange“, sagte Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbands der deutschen Bauindustrie.

„Trotz der bisherigen Ansätze zur Planungsbeschleunigung müssen Genehmigungszeiten bei Neu- und Ausbauprojekten wesentlich verkürzt werden.“ Ein Reformelement: Digitale Verfahren, etwa eine Öffentlichkeitsbeteiligung in digitaler Form.

Aus Sicht des Bundesverbands Windenergie ist auch Personalmangel bei Genehmigungsbehörden mitverantwortlich für Verzögerungen. Die Genehmigungsverfahren seien hochkomplex und sehr langwierig. Eine hohe Bürokratisierung binde viel Arbeitskraft. Eine bessere Personalsituation in den zuständigen Behörden könnte mit zu einer Beschleunigung der Verfahren beitragen.

Der Digitalverband Bitkom erklärte, Bürokratie blockiere den Ausbau digitaler Infrastruktur an mehr als 1000 Standorten. „Das Antragsverfahren dauert oft um ein Vielfaches länger als der eigentliche Bau einer Anlage“, so Bitkom-Präsident Achim Berg. „Viele Verfahren ziehen sich über mehr als zwei Jahre.“ Werde der Antrag abgelehnt, heiße das für die Netzbetreiber: zurück auf Null und neu anfangen.

„Das bedeutet, dass Funklöcher nicht geschlossen werden können und wir mit dem Ausbau digitaler Infrastrukturen insgesamt nicht schnell genug vorankommen.“ Künftig dürften vom Antrag bis zur Genehmigung nicht mehr als drei Monate vergehen.

G7-Präsidentschaft: Klimaschutz und Pandemie als Hauptthemen

Zweites großes Thema der Klausur war die deutsche Präsidentschaft in der G7-Gruppe der führenden demokratischen Wirtschaftsmächte. Deutschland hatte am 1. Januar von Großbritannien den Vorsitz übernommen.

Scholz bekräftigte das Ziel, einen „Klima-Club“ zu schaffen, damit nicht jedes Land für sich alleine agiere. Höhepunkt der einjährigen Präsidentschaft wird ein Gipfeltreffen unter Leitung von Scholz vom 26. bis 28. Juni 2022 auf Schloss Elmau in den bayerischen Alpen sein. Thematisch im Mittelpunkt stehen werden der Klimaschutz, die Pandemiebekämpfung sowie die Stärkung der internationalen Zusammenarbeit und der Demokratien weltweit.

Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) erklärte, es solle ein „G7-Ocean Deal“ auf den Weg gebracht werden, um die gemeinsamen Initiativen zum Schutz der Ozeane und gegen die Verschmutzung der Meere voranzubringen. Habeck nannte als Ziel einen „klaren Impuls“ der G7 für die internationale Zusammenarbeit und den Multilateralismus.

Scholz und seine 16 Ministerinnen und Minister waren am 8. Dezember im Bundestag vereidigt worden. Gut sechs Wochen danach überwiegt in der Bevölkerung die Unzufriedenheit mit deren Arbeit.

In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur zeigten sich 45 Prozent eher oder sogar sehr unzufrieden, bei nur 37 Prozent überwiegt die Zufriedenheit. 17 Prozent machten keine Angaben.

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Auch die drei Hauptakteure der Koalition kommen in der Umfrage nicht besonders gut weg:

  • Mit Scholz sind 47 Prozent eher unzufrieden und 33 Prozent eher zufrieden.
  • Die Arbeit von Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck bewerten 43 Prozent eher negativ und 30 Prozent eher positiv.
  • Auch bei Finanzminister Christian Lindner überwiegt die Unzufriedenheit, er kommt im Vergleich mit seinen beiden Kabinettskollegen aber noch am besten weg: 40 Prozent sind eher unzufrieden, 32 Prozent eher zufrieden mit seiner Arbeit.

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