Mit Frank-Walter Steinmeier gibt es eine wohltuende Kontinuität im Schloss Bellevue. Er sollte sich aber für eine Direktwahl seiner Nachfolger starkmachen.
Berlin Eigentlich müsste es ein Hochamt der Demokratie sein. Die 17. Bundesversammlung mit ihren 1472 Vertreterinnen und Vertretern wählt am Sonntag in feierlicher Stimmung den Bundespräsidenten. So einen Superlativ allein nach Anzahl der Menschen, die das künftige Staatsoberhaupt bestimmen, gab es noch nie. Doch mehr als geschäftige Routine wird nicht aufkommen, wenn Frank-Walter Steinmeier zum zweiten Mal ins höchste Amt des Staates kommt.
Dass diese Wahl einem Großteil der Bevölkerung wohl gar nicht bewusst ist, hat gleich mehrere Gründe. Da sind die Gegenkandidaten des amtierenden Bundespräsidenten. Sie sind reine Zählkandidaten, weil sie von Parteien aufgestellt werden, die kein Gewicht bei der Abstimmung haben. Sie sind chancenlos.
Die Union als größte Oppositionspartei wählt ebenfalls Steinmeier. Den knalligen Ankündigungen, man werde eine Frau als Kandidatin präsentieren, folgte ein stiller Rückzug. Es gab sogar CDU-Granden, die Steinmeier zunächst ablehnten, um dann seine glühendsten Fans zu werden.
Deshalb fand kein Wahlkampf statt, und große Teile der Bürgerinnen und Bürger werden am Montag aufwachen, ohne zu merken, dass inzwischen eine Bundesversammlung stattgefunden hat.
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Ähnlich lau fiel die Debatte in der Ampelkoalition aus. Zwar gab es bei den Grünen einen Kandidaten und eine Kandidatin, die gerne das Amt gehabt hätten. Zum einen der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Der hatte sogar das Wohlwollen des CDU-Vorderen Wolfgang Schäuble. Zum anderen die Bundestagsvizepräsidentin Kathrin Göring-Eckardt. Dass aus ihrer Kandidatur nichts wurde, führte selbst in Teilen ihrer Partei zu hörbarem Aufatmen.
FDP spielte die entscheidende Rolle
Steinmeier hat sein Amt nicht zuletzt der FDP zu verdanken. Deren Vorsitzender Christian Lindner hatte sich früh für ihn ausgesprochen. Mit dem sozialliberalen Steinmeier kommt die FDP gut zurecht, und er war für die Liberalen immer ein zuverlässiger Partner.
Steinmeier selbst hat strategisch genial gehandelt. Noch vor der Bundestagswahl war er in die Offensive gegangen und hatte öffentlich gesagt, er stehe für eine zweite Amtszeit bereit. Damit war die SPD festgelegt – und ist jetzt in der komfortablen Lage, sowohl den Kanzler als auch den Bundespräsidenten zu stellen.
Darin liegt aber auch genau das Problem des Amtes. Olaf Scholz übernimmt geradezu nahtlos den präsidialen Regierungsstil seiner Vorgängerin Angela Merkel. Damit werden die politischen Spielräume für den Mann im Schloss Bellevue immer kleiner.
Das Amt ist ohnehin nicht mit großen formalen Kompetenzen ausgestattet. Wenn noch ein Quasi-Ersatzpräsident im Kanzleramt sitzt, kann man sich fragen: Ist das Amt des Bundespräsidenten nicht überflüssig?
Präsidiale Kanzler schränken den Spielraum des Staatsoberhaupts ein
Diese Diskussion ist nicht neu. Es gab zu allen Zeiten die Kritik, einen besseren Staatsnotar brauche sich Deutschland nicht zu leisten. Auf der anderen Seite gab es starke und wortmächtige Bundespräsidenten.
Man denke etwa an Theodor Heuss, den ersten Bundespräsidenten, oder an den direkten Vorgänger von Steinmeier, Joachim Gauck. Sie loteten die Grenzen ihres Amtes aus und waren in der Bevölkerung hochbeliebt.
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Letzteres ist Steinmeier auch. Aber rhetorische Feuerwerke sind von dem SPD-Mann aus Niedersachsen nicht zu erwarten. In allen Ämtern, die er bekleidete, vom Kanzleramtschef, Fraktionsvorsitzenden bis hin zum Außenminister verstand er sich immer als Diener des Staates. Eine gute und auch seltene Eigenschaft, aber für das Amt des Bundespräsidenten wünschen sich nicht wenige, dass er nicht nur der Staatsnotar ist.
Soll der Bundespräsident vom Volk gewählt werden?
Vor fast jeder Präsidentenwahl gibt es eine Debatte, ob es nicht eine Direktwahl durch das Volk geben sollte. Das Argument lautet: Das würde dem Amt und seinem Inhaber eine höhere Autorität verschaffen.
Doch selbst diese Diskussion fiel diesmal aus, weil alles schon in den Hinterzimmern entschieden worden war. Diese Absprachen würden sich bei einer direkten Wahl erledigen. Wenn sich daran nicht grundsätzlich etwas ändert, wird die Politik es schwer haben, die Akzeptanz für das Amt aufrechtzuerhalten.
Bislang regen sich die Menschen über die üppige Ausstattung der Bundespräsidenten außer Dienst auf. Noch wird zum Glück nicht infrage gestellt, ob man sich ein Schloss mit angeschlossener Verwaltung leisten muss.
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