Der Bund greift Skyguide mit einer halben Milliarde unter die Arme. Ein Bericht legt nahe, dass das Unternehmen auch ohne Pandemie in eine finanzielle Schieflage geraten wäre.
In der Pandemie ist die Verlockung für die Politik gross, das Geld mit beiden Händen auszugeben. Wer staatliche Hilfen kritisch hinterfragt, gilt rasch einmal als herzloser Rappenspalter. Umso wichtiger ist derzeit die Rolle der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK). Wie ein finanzpolitischer Wachhund untersucht sie, wo Steuergelder verschwendet werden.
Als unabhängige Instanz, die nicht mit einem Auge auf die nächsten Wahlen schielen muss, tut sie das auch in der Pandemie emotionslos. Jüngst hat sich die EFK mit den Bundeshilfen für die Skyguide befasst. In einem Bericht äussert sie den Verdacht, dass unter dem Covid-Deckmantel die Schweizer Flugsicherung saniert werden könnte. Bis 2022 will der Bund Skyguide mit 500 Millionen Franken unter die Arme greifen.
Bereits 2020 hat er der Firma 150 Millionen Franken zusätzliches Eigenkapital zur Verfügung gestellt. Im vergangenen Sommer hat der Bund dem Unternehmen überdies ein Darlehen über 250 Millionen gewährt. Im Voranschlag für das laufende Jahr sind weitere 100 Millionen Franken für einen Kredit an Skyguide reserviert.
Laut der EFK ist «denkbar», dass die Bundesgelder auch für Finanzierungslücken eingesetzt werden, die nichts mit der Pandemie zu tun haben.
Kosmetische Sparmassnahmen
Dass Skyguide zu jenen Firmen gehört, die besonders stark unter der Pandemie leiden, ist unbestritten. Weil die Fluggesellschaften ihr Angebot zusammengestrichen haben, haben die Fluglotsen deutlich weniger Arbeit. Die Anzahl der Flüge, die von Skyguide kontrolliert werden, erreichten im ersten Halbjahr 2021 nur etwa einen Drittel des Vorkrisenniveaus.
Die Folge: Ohne die Finanzspritze des Bundes, dem Skyguide zu über 99,9 Prozent gehört, hätte die Firma wohl Insolvenz anmelden müssen. Im Gegenzug für die Hilfe hat Skyguide dem Bundesrat versprochen, bis 2024 120 Millionen Franken einzusparen. Aus der Sicht der EFK genügt das allerdings nicht.
Hinter einem Teil der Sparmassnahmen orten die Prüfer Kosmetik. So zählt Skyguide etwa die Kurzarbeitsentschädigung von 18 Millionen Franken, die sie in Genf beantragt hat, dazu. Für die Firma mag das zweifellos eine finanzielle Entlastung sein. Aus der Perspektive des Staates fliesst dieses Geld allerdings von der linken in die rechte Hosentasche.
Ebenfalls in die Kosmetik-Abteilung gehört aus EFK-Sicht, dass Skyguide eine Reduktion der Abschreibungen zu den Einsparungen zählt. Das reduziert zwar die Kosten auf dem Papier, ändert aber nichts am Liquiditätsbedarf.
Weiter bemängelt die EFK, dass die Lohnkosten trotz dem Sparplan steigen sollen. Obwohl Skyguide einen Personalabbau plant, rechnet die Firma bis 2024 mit einem Anstieg der Lohnkosten um etwa 25 Millionen Franken. Grund dafür sind steigende Löhne.
Warum senkt Skyguide nicht die Personalkosten, um die Steuerzahler zu entlasten? Laut einem Skyguide-Sprecher ist der Spielraum der Firma beschränkt. Die Löhne würden massgeblich durch den Gesamtarbeitsvertrag beeinflusst. Zudem sei es nicht sinnvoll, auf Vorrat Personal abzubauen. Die Ausbildung zum Fluglotsen dauere mindestens drei Jahre. Wenn man jetzt Personal entlasse, das man nach der Krise wieder brauche, helfe das niemandem. Um solche Fälle zu vermeiden, gebe es das Instrument der Kurzarbeit.
Den Finanzierungsbedarf von Skyguide halten auch die EFK-Prüfer grundsätzlich für «nachvollziehbar». Es ist in ihren Augen also nicht so, dass die Unterstützung durch den Bund zu üppig ausfällt. Im Gegenteil: Laut der EFK besteht ein «wesentliches Risiko», dass die Steuerzahler für weitere Mittel aufkommen müssen.
Der Grund dafür ist auch in Brüssel zu suchen. Die Tarife, welche Skyguide den Airlines in Rechnung stellen kann, werden gestützt auf das Luftverkehrsabkommen mit der Schweiz grundsätzlich von der EU-Kommission bestimmt. In normalen Zeiten soll durch die Preisregulierung verhindert werden, dass die Flugsicherungen ihre Monopolstellung ausnützen.
Wenn Skyguide oder andere Flugsicherungen «zu viel» verdienen, müssen sie den Fluggesellschaften einen Teil der Gebühren zurückerstatten. Das ist für Skyguide nicht per se problematisch: Als nicht gewinnorientierte Firma erbringt sie einen Service public.
Brüssel verordnet Sparprogramm
In der Corona-Pandemie ist die Situation aber gerade umgekehrt. Wegen des Verkehrsrückgangs sind die Einnahmen der Flugsicherungen eingebrochen. Die EU-Kommission hat zwar entschieden, dass die Flugsicherungen den Fluggesellschaften einen Teil der Verluste in Rechnung stellen dürfen – allerdings erst ab 2023.
Skyguide rechnet damit, den Airlines später rund 280 Millionen Franken nachverrechnen zu können. Da der Bund die Firma aber mit 500 Millionen Franken unterstützt, geht die Hilfe über einen reinen Überbrückungskredit hinaus. Ein Teil der Mittel dient auch dazu, ein anderes finanzielles Loch zu stopfen, das die EU-Kommission aufgerissen hat.
Brüssel hat Skyguide nämlich auch ein Sparprogramm verordnet. Die EFK bezweifelt, dass die Firma dieses einhalten kann. Wenn Skyguide die EU-Vorgaben verfehlt, decken die Tarife aber die Kosten nicht mehr. Deshalb schliesst die EFK nicht aus, dass das Unternehmen auch ohne Pandemie in einen finanziellen Engpass geraten wäre.
Ein Skyguide-Sprecher widerspricht dieser Einschätzung. Die Sparvorgaben der EU-Kommission seien im Kontext der Pandemie beschlossen worden. Man nehme bewusst in Kauf, dass sich die Staaten finanziell an den Verlusten der Flugsicherungen beteiligten. Es gehe der EU darum, die Fluggesellschaften zu entlasten.
Falls dies zuträfe, eröffnete sich noch eine andere Sichtweise: Die Bundesmillionen wären teilweise ein Beitrag zu einem europäischen Hilfsprogramm für die Fluggesellschaften.
Note: This article have been indexed to our site. We do not claim legitimacy, ownership or copyright of any of the content above. To see the article at original source Click Here