Analyse
Stand: 20.02.2022 20:52 Uhr
Viele schöne Hochglanzbilder und sportliche Erfolge – nach innen waren die Olympischen Winterspiele für China ein Erfolg. Die Kluft zu demokratischen Staaten hingegen ist gewachsen.
Von Steffen Wurzel, ARD-Studio Shanghai, zurzeit in Freiburg
Für die chinesische Staats- und Parteiführung waren die Olympischen Winterspiele ein voller Erfolg. Ein respektabler dritter Rang im Goldmedaillenspiegel, ein weitgehend geräuschloses Corona-Management und viele schöne Hochglanzbilder.
Hunderte Millionen Chinesinnen und Chinesen schauten sich in den vergangenen gut 14 Tagen die Wettkämpfe live online und im Fernsehen an. Eine Olympia-Wintermärchen-Stimmung kam in China zwar nicht auf, aber die Menschen in der Volksrepublik sind überwiegend stolz und zufrieden.
“Olympia ist nicht nur einfach eine Sportveranstaltung”, sagte etwa ein 65-jähriger Rentner in Peking vor einigen Tagen. “China kann durch die Olympischen Spiele der ganzen Welt zeigen, wie stark das Land ist und wie sich der Sport hier entwickelt.”
Die Früchte der Propaganda
Der eigenen Bevölkerung hat die Staats- und Parteiführung in den vergangenen gut zwei Wochen das Bild vermittelt, die ganze Welt bewundere die Volksrepublik für die erfolgreiche Olympia-Austragung.
“Die Olympischen Winterspiele haben der Welt ein neues Fenster nach China geöffnet, um China besser zu verstehen”, betonte Fernseh-Kommentator Liu Yang im staatlichen Sender CCTV. “Die Olympischen Winterspiele haben ganz real und konkret ein anderes Bild von China vermittelt als das, was einige westliche Medien üblicherweise darstellen.”
In dieser Aussage des staatlichen Fernsehkommentators stecken gleich zwei der beliebtesten Propaganda-Narrative der kommunistischen Staatsführung: Kritikerinnen und Kritiker der chinesischen Regierung verstünden China einfach nicht und die Medien demokratisch regierter Staaten berichteten immer nur schlecht über die Volksrepublik.
Sportliche Höchstleistungen produzieren Hochglanzbilder – die Belarusin Anastasiya Andryianava beim Training
Bild: REUTERS
Viele Berichte über Chinas Verstöße
Die Olympischen Winterspiele verkauft die Staatsführung als internationalen Image-Erfolg. Nach Ansicht des australischen Politikanalysten und Herausgebers des China-Newsletters Neican, Adam Ni, stimmt das nur teilweise.
Einerseits hat es Chinas Führung geschafft, der Welt zu zeigen, dass sie in der Lage ist, solch eine riesige Veranstaltung durchzuführen. Und zwar in einer Zeit, in der viele Staaten noch mit der Covid-19-Pandemie kämpfen. Andererseits hat China einiges an so genannter Soft Power eingebüßt. Das hat mit den vielen Kontroversen zu tun, über die während der Olympischen Spiele diskutiert wurde.
Dass Chinas “Soft Power”, das Image des Landes, während der Winterspiele zusätzlich gelitten hat, liegt unter anderem daran, dass über das Land seit Wochen so intensiv und kritisch berichtet wurde, wie seit langem nicht mehr. Dazu gehört auch, dass in demokratisch regierten Ländern viel über Chinas staatliche Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang und über das Ausschalten der Zivilgesellschaft in Hongkong gesprochen wurde. Außerdem wurde berichtet, dass Staatschef Xi Jinping bei der Olympia-Eröffnungsfeier fast ausschließlich von anderen Diktatoren und Despoten umringt war.
“Sport ist immer politisch”
Auch das aggressive Auftreten der chinesischen Staatsführung gegenüber seinen direkten Nachbarn wurde während Olympia wieder deutlich.
Taiwan gehöre als untrennbarer Teil zu China, sagte die Sprecherin des Olympia-Organisationsteams, Yan Jiarong, bei einer Pressekonferenz. Damit wurde deutlich, dass sich die komplett staatlichen chinesischen Olympia-Organisatoren um Regel 50, Absatz 2 der IOC-Charta nicht kümmern: Diese verpflichtet die Organisatoren der Spiele zu politischer Neutralität.
China-Analyst Ni sagt dazu: “Sport sollte nicht politisch sein, hört man immer wieder. Aber das ist Wunschdenken. Sport ist immer politisch. Chinas Führung wirft anderen Staaten vor, den Sport zu politisieren. Gleichzeitig aber politisiert sie den Sport für ihre eigenen Zwecke.”
Der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees, Thomas Bach, lobte die Olympischen Winterspiele in den höchsten Tönen. Aus Sicht der Menschenrechts-Lobbyorganisation Human Rights Watch bleiben die Pekinger Winterspiele als “Traum für Chinas Staatschef Xi Jinping” in Erinnerung – und als “Albtraum für die Menschenrechte”.
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