Wirtschaftsgeschichte in Bildern
Was wurde eigentlich aus Schlecker?
, aktualisiert
Der Name Schlecker steht für eine der größten Unternehmenspleiten in Deutschland. Wie der gelernte Metzgermeister Anton Schlecker erst zum König der Drogeriebranche wurde – und dann alles verlor.
1975
Der 1944 geborene Anton Schlecker, Sohn eines Fleischwarenfabrikanten, eröffnet in Kirchheim unter Teck seinen ersten Drogeriemarkt. Schleckers Strategie: Er eröffnet die Läden an
strukturell wenig attraktiven Standorten in Wohngebieten. Die Filialen sind klein und spartanisch ausgestattet. Schlecker handelt mit Lieferanten beste Konditionen und lange Zahlungsziele aus, um so die Expansion zu finanzieren. Und seine Kette expandiert schnell: Schon zwei Jahre später zählt Schlecker mehr als 100 Filialen, 1984 gibt es bereits 100 Drogeriemärkte.
1987
Die Kinder der Schleckers, Lars (r.) und Meike (nicht im Bild) werden am 22. Dezember entführt. Ihr Vater handelt das Lösegeld von 18 auf 9,6 Millionen D-Mark herunter, die Summe, über die er versichert ist. Kurz vor Heiligabend können sich die Kinder selbst befreien. Die Täter werden 1998 gefasst.
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1987-1998
Im Jahr 1987 eröffnet Schlecker die ersten Filialen im Ausland. Er expandiert wie im Rausch: 1995 kommt Schlecker bereits auf 5800 Filialen und beschäftigt rund 25.000 Mitarbeiter.
Doch Schleckers Image als Arbeitgeber leidet: 1994 wird der Familie vorgeworfen, Scheinarbeitsverhältnisse zu betreiben und unter Tarif zu bezahlen. Auch die Gründung von Betriebsräten soll systematisch blockiert worden sein. 1998 werden Anton Schlecker und seine Ehefrau Christa zu jeweils zehn Monaten auf Bewährung verurteilt. Der Grund: Das Amtsgericht Stuttgart sieht es als erwiesen an, dass das Ehepaar seinen Mitarbeitern tarifliche Bezahlung vortäuschte
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Schlecker-Tochter IhrPlatz stellt Insolvenzantrag
2007 kaufte die Drogeriekette den insolventen Konkurrenten Ihr Platz. 700 Standorte kamen auf einmal dazu, Schlecker zählte nun 14.400 Ableger in 17 Ländern. Ein Höhepunkt.
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Schlecker reicht Insolvenzantrag ein
Doch der Abstieg war schon zu ahnen: 2011 holte Anton Schlecker seine beiden Kinder Lars (links) und Meike (rechts) in die Unternehmensführung. Zuvor war die Drogeriekette wieder einmal wegen dem Umgang mit den Mitarbeitern in die Kritik geraten. Laut Medienberichten überwachte Schlecker seine Mitarbeiter, auch der Vorwurf der schlechten Bezahlung wurde erneut erhoben. Viele Medien sahen die neue Familiengeneration an der Spitze als Ablenkungsmanöver.
Bild: Montage der Familie Schlecker.
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Mit einer Marketingkampagne wollte das Unternehmen sein angeschlagenes Image 2011 wieder aufpolieren. Doch der Denglisch-Spruch „For you. Vor Ort.“ stößt bei Sprachwächtern auf Kritik. Ein Sprecher des Unternehmens rechtfertigt sich in einem Brief damit, dass die Kunden ein „niedriges Bildungsniveau“ hätten – der Brief gerät an die Öffentlichkeit und löst einen Shitstorm aus.
Gleichzeitig machen sich die Bilanzprobleme immer stärker bemerkbar. Noch im selben Jahr werden 600 Filialen geschlossen, weitere sollen 2012 folgen.
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For You. Vor Ort. Vorbei.
Im Januar 2012 erklärte sich Schlecker als zahlungsunfähig und meldete Insolvenz an. Rund 2400 Läden sollten geschlossen werden.
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Arndt Geiwitz
Der Mann, der das Schlecker-Schlachtfeld aufräumen musste, hieß Arndt Geiwitz. Der Insolvenzverwalter musste nicht nur weitere Filialen schließen, er kündigte auch die Entlassung von mehr als 11.700 Mitarbeitern an. Doch nicht nur die geschäftlichen Beziehungen Anton Schleckers gerieten in den Fokus der Aufmerksamkeit. Auch die Frage nach dem Vermögen der Familie erhitzten die Gemüter. Geiwitz nahm sich auch den Gründer persönlich vor: Er focht unter anderem die Vermögensübertragungen von Anton Schlecker an Familienangehörige an.
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Niedersachsen lehnte Schlecker-Hilfen ab
Schnell wurde der Ruf nach der Politik laut. Doch die Bundesländer waren gespalten: Während Baden-Württemberg Geld für eine Auffanggesellschaft für die Mitarbeiter bereitstellen wollte, lehnte Niedersachen (im Bild: der damalige FDP-Wirtschaftsminister Jörg Bode) jegliche Hilfen ab. Auch der Bund verweigerte eine Beteiligung der Kfw an einer solchen Gesellschaft. Am Ende scheiterten die Auffangpläne am Veto der FDP in Bayern. 10.000 Schlecker-Mitarbeiter, größtenteils weiblich, verloren ihren Job.
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Starke Konkurrenz
Ein Investor konnte trotz längerer Suche nicht gefunden werden. Als Grund für die Schlecker-Pleite gelten nicht nur interne Probleme, sondern auch die starke Konkurrenz von Drogeriemärkten in Deutschland. Dazu zählen der Marktführer dm sowie Rossmann und Müller. Sie profitierten von der Insolvenz der Konkurrenz: Rossmann etwa fuhr nach den Schlecker-Schließungen ein hohes Umsatzwachstum ein.
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Insgesamt werden durch die Insolvenz Schleckers mehr als 25.000 Menschen arbeitslos. Für den Unternehmensgründer bleibt die Insolvenz auch ein persönlicher Makel: Der Name Schlecker steht heute für eine der größten Unternehmenspleiten in der deutschen Geschichte.
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Staatsanwaltschaft erhebt Anklage
Vier Jahre nach der Insolvenz der Drogeriemarktkette Schlecker erhob die Staatsanwaltschaft Stuttgart im April 2016 Anklage gegen den Gründer Anton Schlecker (im Bild), seine Frau Christa und die beiden Kinder Meike und Lars.
In ihrer 262-seitigen Anklageschrift werfen die Ermittler Schlecker vor, der ehemalige Milliardär habe angesichts der drohenden Insolvenz seines Konzerns Vermögen beiseite geschafft. Gleich dreizehn dieser „Bankrott“-Straftaten soll Schlecker „in besonders schwerem Fall“ begangen haben. Das Gesetz sieht hierfür jeweils eine Höchststrafe von bis zu zehn Jahren vor. Die Strafverfolger werfen Schlecker zudem vor, er habe falsche Angaben in Bilanzen gemacht und eine Falschaussage an Eides statt abgegeben.
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Im März 2017 begann der Prozess vor dem Landgericht in Stuttgart. Im Zentrum des Prozesses stand diese Frage: Wann drohte die Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens? War tatsächlich erst Anfang 2012 klar, dass das Unternehmen seine Rechnungen nicht mehr würde bezahlen können? Oder stand das bereits Monate, wenn nicht Jahre früher fest, wie die Staatsanwaltschaft behauptet. Demnach drohte Schlecker bereits Ende 2009 die Zahlungsunfähigkeit.
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Am 27.11.2017 endet der Strafprozess vor dem Stuttgarter Landgericht. Das Urteil: Während Anton Schlecker mit einer Geld- und Bewährungsstrafe davon kommt, müssen seine Kinder Lars und Meike in Haft. Bei dem 73-Jährigen sehen die Richter nur den Tatbestand des vorsätzlichen Bankrotts erfüllt, bei den Kindern unter anderem Insolvenzverschleppung, Untreue und Beihilfe zum Bankrott. Die Beiden treten ihre Haftstrafe im Sommer 2019 in Berlin an und werden 2021 vorzeitig entlassen.
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