Kurzarbeit: Staat nimmt durch Progressionsvorbehalt 3,5 Milliarden Euro Steuern ein


Streit über Steuernachzahlungen




Staat nimmt bei Kurzarbeitern rund 3,5 Milliarden Euro zusätzlich ein

In der Pandemie mussten viele Arbeitnehmer in Kurzarbeit gehen. Durch eine umstrittene Regel erhöhte das oft den persönlichen Steuersatz: »Ein Unding«, wettert die Linke – und erinnert die FDP an alte Versprechen.




Auch der Autobauer BMW (hier das Werk in Dingolfing) schickte zeitweise Zehntausende Mitarbeiter in Kurzarbeit


Auch der Autobauer BMW (hier das Werk in Dingolfing) schickte zeitweise Zehntausende Mitarbeiter in Kurzarbeit


Foto: Armin Weigel/dpa

Im vergangenen Jahr erwartete viele Arbeitnehmer eine Überraschung. Für 2020 waren sie im Gegensatz zu früheren Jahren zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet. Der Grund war das Kurzarbeitergeld, mit dessen Hilfe viele Unternehmen versuchten, durch die Coronakrise zu kommen.

Zwar wird Kurzarbeitergeld selbst nicht besteuert. Übersteigt die Lohnersatzleistung übers Jahr aber 410 Euro, so gilt der sogenannte Pro­gres­si­ons­vor­be­halt. Dadurch kann sich der Steu­er­satz er­hö­hen, den Arbeitnehmer auf ihr übriges Einkommen zahlen müssen. So war es auch 2021, als erneut viele Firmen Kurzarbeit anmeldeten. Ein Teil der Betroffenen muss dadurch Steuern nachzahlen.

Dem Fiskus hat der Progressionsvorbehalt erhebliche Mehreinnahmen beschert. Im Jahr 2020 hätte er ohne die Regelung rund 2,1 Milliarden Euro weniger an Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag eingenommen, für das Jahr 2021 waren es etwa 1,4 Milliarden Euro. Das geht aus einer Antwort des Bundesfinanzministeriums an den Bundestagsabgeordneten Christian Görke (Linke) hervor, die dem SPIEGEL vorliegt.


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Der Bund hätte demnach ohne den Progressionsvorbehalt in beiden Jahren insgesamt etwa 1,55 Milliarden Euro weniger eingenommen, bei den Ländern wären es in Summe knapp 1,45 Milliarden gewesen und bei den Gemeinden 505 Millionen Euro. Der Gesamtwert für 2020 liegt um eine halbe Milliarde höher als in einer Auskunft des Finanzministeriums vom Mai vergangenen Jahres. Damals dürften wegen verlängerter Abgabefristen noch nicht alle Daten zur Einkommensteuer vorgelegen haben.

Ein Gewinngeschäft ist die Kurzarbeit für den Staat dennoch nicht. Zwar wird die Leistung aus Beiträgen der Arbeitgeber an die Bundesagentur für Arbeit (BA) finanziert, doch diese reichten in der Coronakrise bei Weitem nicht aus. Rund 24 Milliarden Euro musste der Bund allein bis November vergangenen Jahres an die BA zuschießen, im laufenden Jahr dürften weitere Hilfen nötig werden.

»Beschäftigte werden doppelt bestraft«

Die Linke fordert ebenso wie der Deutsche Gewerkschaftsbund oder die Deutsche Steuergewerkschaft, den Progressionsvorbehalt auszusetzen. »Wer wegen Corona in Kurzarbeit musste und ohnehin schmerzhafte Einkommenseinbußen hatte, bekommt dank der aktuellen Regelung auch noch eine Steuernachzahlung vom Finanzamt aufgedrückt«, sagt Görke, der bis 2019 brandenburgischer Finanzminister war. »Das ist ein Unding! Beschäftigte mit Sorgen um ihren Job und ihre Zukunft werden so doppelt bestraft.«

Görke fordert, SPD und Grüne sollten »die FDP beim Wort nehmen« und schnellstmöglich einen Vorschlag zur Aussetzung des Progressionsvorbehalts vorlegen. Tatsächlich hatte die Partei von Bundesfinanzminister Christian Lindner im vorvergangenen Jahr noch selbst beantragt, das Kurzarbeitergeld vom Progressionsvorbehalt auszunehmen. Der damalige Fraktionschef Lindner und seine Kollegen argumentierten mit einer drohenden Überlastung der Finanzverwaltung und »psychologischen Wirkungen« auf Arbeitnehmer, die von der Pflicht zur Abgabe überrascht werden könnten. SPD und Union lehnten den Antrag ab, Grüne und AfD enthielten sich. Nur die Linke stimmte mit der FDP.

Möglicherweise wirkt diese ungewohnte Allianz nach. Die Antwort an den Linkenpolitiker Görke adressierte Lindners Haus jedenfalls an: »Christian Görke, FDP«.

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