Wann erreicht Deutschland sein Impfziel? Ist Herdenimmunität noch möglich? Und wie erfolgreich ist die Corona-Impfkampagne im Vergleich zu anderen Staaten? Die wichtigsten Fakten.
Wann erreicht Deutschland die Herdenimmunität?
Um die Ausbreitung von Covid-19 zu stoppen, müssen laut dem Robert-Koch-Institut (RKI) mindestens 85 Prozent der Gesamtbevölkerung immun, sprich genesen oder vollständig geimpft sein. Vom ursprünglichen Ziel, die sogenannte Herdenimmunität bis «Richtung Sommer» zu erreichen, war die alte Bundesregierung bereits im Frühjahr 2021 abgerückt.
75,3 Prozent sind doppelt geimpft, 56,6 Prozent mit Booster-Schutz
Anteil der Geimpften nach Altersgruppen, in Prozent
Die neue Bundesregierung wollte bis zum 7. Januar 2022 eine Quote von 80 Prozent bei den Erstimpfungen erreichen. Als dieses Ziel verfehlt worden war, verschob sie es auf Ende Januar. Auch dieses Vorhaben scheiterte; statt 80 Prozent hatten zu diesem Zeitpunkt nur 75, 8 Prozent eine erste Dose erhalten. Bei den doppelten Impfungen wird die Quote von 80 Prozent wohl erst Ende Juli 2022 erreicht werden, sollte Deutschland mit der derzeitigen Geschwindigkeit weiter impfen.
Bis Ende Juli 2022 könnten 80 Prozent der Deutschen doppelt geimpft sein
Prognose der Zahl der verabreichten Corona-Impfdosen¹ (in Millionen) anhand des mittleren Impftempos der letzten zwei Wochen
Ursprünglich wollte Deutschland bis «Richtung Sommer» Herdenimmunität erreichen.
Mit dem derzeitigen Impftempo wären Ende Juli 2022 80 Prozent der Deutschen doppelt geimpft.
Die Booster-Kampagne ist ebenfalls ins Stocken geraten. Auch die Zahl der Erstimpfungen sinkt wieder.
Deutschland verimpft derzeit im Schnitt 124 000 Dosen¹ pro Tag
Zahl der täglichen Corona-Impfungen in den vergangenen 12 Monaten, in Millionen
Auch Hausärzte dürfen jetzt impfen.
Erstmals erfolgen mehr Auffrischungs- als Erstimpfungen.
Während der Feiertage finden kaum Impfungen statt.
Das RKI geht allerdings von mehr Corona-Geimpften als in der offiziellen Statistik aus. Es liege nahe, dass die «berichtete Impfquote als Mindest-Impfquote zu verstehen ist und eine Unterschätzung von bis zu fünf Prozentpunkten für den Anteil mindestens einmal Geimpfter beziehungsweise doppelt Geimpfter angenommen werden kann», schreibt das RKI. Andererseits wird die Impfquote auch um einige wenige Prozentpunkte überschätzt, weil eine einfache Impfung mit Johnson & Johnson inzwischen nicht mehr als vollständige Impfung gilt, sie aber bis Mitte Januar 2022 als solche gezählt wurde.
Wie viele Impfdosen bekommt Deutschland?
Im November spendete Deutschland rund 10,2 Millionen Dosen von Biontech an Drittstaaten. Anschliessend konnte Deutschland die wachsende Nachfrage in den Praxen und Impfzentren nicht mehr decken.
Impfstoff-Lieferungen gehen zurück
Zahl der gelieferten Dosen nach Hersteller (in Millionen)
Bereits im Sommer hatte Deutschland auf viele Lieferungen von Moderna verzichtet; diese gingen an andere EU-Staaten. Ihre Dosen von Johnson & Johnson und AstraZeneca spendet die Bundesrepublik ebenfalls an Drittstaaten – «bis auf weiteres», wie es aus dem Gesundheitsministerium heisst. Dies führte dazu, dass die Zahl der gelieferten Dosen im dritten Quartal 2021 deutlich geringer ausfiel als im zweiten Quartal.
Anfang 2022 könnten in der EU dann zusätzliche Impfstoffe zugelassen werden, darunter der proteinbasierte Impfstoff von Sanofi sowie jene des russischen Gamaleja-Instituts und des chinesischen Herstellers Sinovac. Der proteinbasierte Impfstoff Novavax ist bereits zugelassen. Der erste klassische Totimpfstoff des französisch-österreichischen Herstellers Valneva steht ebenfalls in den Startlöchern. Anders als bei mRNA- oder Vektorvakzinen besteht dieser aus abgetöteten Krankheitserregern. Die Methode ist gut erforscht und wird auch bei Tetanus oder der Grippe angewandt.
Wie steht Deutschland im internationalen Vergleich da?
Einige wenige Staaten wie Grossbritannien und Israel immunisierten ihre Bürger schneller gegen Covid-19 als Deutschland. Als die Hausärzte nach Ostern mit den Corona-Impfungen begonnen hatten und im zweiten Quartal die Impfstoffknappheit durch zusätzliche Bestellungen etwas gelindert worden war, holte die Bundesrepublik nach einer zunächst schleppend verlaufenden Impfkampagne auf. Inzwischen hat sie eine höhere Impfquote als die USA. Im europaweiten Vergleich hingegen liegt Deutschland im Mittelfeld.
Welches Bundesland impft am schnellsten?
Nicht alle Bundesländer impfen im gleichen Tempo. Im Norden und Westen sowie in Stadtstaaten ist die Impfquote zum Beispiel höher als im Osten und Süden sowie in einigen Flächenländern.
Geringe Impfquoten in Ost- und Süddeutschland
Anteil der doppelt Geimpften sowie Booster-Quote
Land | 3. Dose | ||
---|---|---|---|
Deutschland | 75,3 | 56,6 | |
Bremen | 88,3 | 62,8 | |
Hamburg | 81,7 | 56,9 | |
Saarland | 81,6 | 64 | |
Schleswig-Holstein | 79,9 | 66,1 | |
Nordrhein-Westfalen | 78,3 | 59,2 | |
Niedersachsen | 76,9 | 61,1 | |
Berlin | 76,4 | 57,7 | |
Rheinland-Pfalz | 74,5 | 57 | |
Bayern | 74,2 | 54,5 | |
Hessen | 73,9 | 54,3 | |
Mecklenburg-Vorpommern | 73,7 | 54,6 | |
Baden-Württemberg | 73,6 | 55,6 | |
Sachsen-Anhalt | 72,4 | 51,9 | |
Thüringen | 69,5 | 49,8 | |
Brandenburg | 68,5 | 49,9 | |
Sachsen | 63,9 | 46 |
Wie viele Impfdurchbrüche gibt es in Deutschland?
Im August betrug die geschätzte Effektivität der bis zu diesem Zeitpunkt doppelt geimpften 18- bis 59-Jährigen gegenüber einer symptomatischen Covid-19-Erkrankung mehr als 80 Prozent, inzwischen liegt sie laut RKI nur noch bei rund 35 Prozent.
Der Grund: Etwa sechs Monate nach der zweiten Impfdosis nimmt die Zahl der gegen Covid-19 gerichteten Antikörper ab, insbesondere bei älteren Menschen. Daher stieg auch die Zahl der doppelt Geimpften auf den Intensivstationen zeitweise stark an. Booster-Impfungen halfen, diese Impfdurchbrüche zu reduzieren.
Aufgeschlüsselt nach Impfstatus zeigt sich, dass die Impfstoffe in allen Altersgruppen sehr gut vor einem schweren Verlauf schützen. Menschen mit Booster-Impfung sind am besten geschützt.
Ungeimpfte landen deutlich häufiger im Spital
Hospitalisierte über 59-Jährige mit Covid-19 je 100 000 Einwohner, nach Impfstatus
Omikron wird die dominante Variante
Laut einer Studie aus Südafrika schützen die mRNA-Impfstoffe auch bei der Omikron-Variante gut vor schweren Verläufen. Der Schutz vor Ansteckung ist aber wesentlich geringer – das zeigt sich auch in den Inzidenzen aufgeschlüsselt nach Impfstatus.
Hohe Inzidenz auch bei doppelt Geimpften
18- bis 59-Jährige mit Covid-19 je 100 000 Einwohner, nach Impfstatus
Omikron wird die dominante Variante
Was sind Booster-Impfungen – und wer bekommt sie?
Eine Booster-Impfung ist eine erneute Impfung nach einer Grundimmunisierung gegen Covid-19. Diese Auffrischung soll den im Lauf der Zeit nachlassenden Immunschutz wieder aktivieren, also boostern.
Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt sie derzeit nur für Erwachsene, deren Grundimmunisierung mindestens drei Monate zurückliegt. Für besonders gefährdete und exponierte Gruppen empfiehlt die Stiko sogar eine zweite Auffrischimpfung.
In Deutschland und vielen weiteren europäischen Ländern verlief die Booster-Kampagne zunächst eher schleppend. Inzwischen hat die Bundesrepublik aber aufgeholt.
Deutschland holt bei den Booster-Impfungen auf
Anteil der Bevölkerung mit Booster-Impfung und Grundimmunisierung, in Prozent
Land | Doppelt geimpft | ||
---|---|---|---|
Deutschland | 56 | 74,6 | |
Chile | 72,3 | 89,4 | |
Singapur | 65,6 | 89,8 | |
Dänemark | 62,4 | 81,6 | |
Italien | 61,5 | 78,4 | |
Belgien | 60,3 | 77,8 | |
Portugal | 60,2 | 91,5 | |
Südkorea | 60,1 | 86,4 | |
Irland | 56,2 | 79,5 | |
GB | 55,8 | 71,7 | |
Israel | 55,8 | 65,9 | |
Uruguay | 54,9 | 78 | |
Österreich | 54,6 | 72,2 | |
Bahrain | 54,4 | 68,5 | |
Norwegen | 52,5 | 73,5 | |
Frankreich | 52,4 | 77,4 | |
Niederlande | 52 | 71,9 | |
Kuba | 51,9 | 87,2 | |
Spanien | 51,2 | 83,2 | |
Griechenland | 50,6 | 72,1 | |
Finnland | 49,5 | 76,1 |
Eine hohe Zahl an Auffrischungsimpfungen allein ist aber wenig aussagekräftig. Denn viele Länder mit einer sehr hohen Booster-Quote hatten zunächst auf weniger wirksame Impfstoffe etwa aus China oder Russland gesetzt, weshalb der Schutz dort früher nachliess als in Ländern, die vorwiegend mRNA-Vakzine verimpften. Israel ist ein Sonderfall.
Herdenimmunität – was bedeutet das überhaupt?
In der Theorie schützt eine Herdenimmunität auch ungeimpfte Menschen, weil dadurch Infektionsketten schneller abbrechen. Die dafür nötige Impfquote hängt von der Wirksamkeit der Impfstoffe ab sowie von der Reproduktionszahl des Virus beziehungsweise der hochansteckenden Mutanten.
Die Herdenimmunität bei Sars-CoV-2 könnte eintreten, sobald zwischen 80 und 90 Prozent der Gesamtbevölkerung, also mindestens 66,5 Millionen Deutsche, vollständig immun sind. Vor dem Auftreten neuer hochansteckender Varianten nahm die WHO eine Herdenimmunität ab einer Impfquote von etwa 60 bis 70 Prozent an.
In der Gruppe der über 18-Jährigen sind bereits mehr als 85 Prozent mindestens einmal geimpft. Von den übrigen Erwachsenen ist allerdings nur eine Minderheit bereit, sich impfen zu lassen. Das zeigt eine regelmässig vom RKI durchgeführte Umfrage zur Impfbereitschaft.
12 Prozent der Ungeimpften wollen sich «auf jeden Fall» impfen lassen
Antworten von ungeimpften Erwachsenen auf die Frage: «Wollen Sie sich gegen das Coronavirus impfen lassen?», in Prozent
Hinzu kommt, dass die bisher verfügbaren Impfstoffe zwar gut gegen einen schweren Krankheitsverlauf schützen, aber schlechter gegen eine Ansteckung. Gegen Sars-CoV-2 geimpfte Menschen haben – anders als etwa beim Masernimpfstoff – keine «sterile Immunität», können also andere weiterhin anstecken.
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